Handicaps und wie man sie umgeht

Wie kann man sein Handicap geschickt umgehen bzw. auch nützen? Welche Hindernisse gibt es, die man sich selbst in den Weg legt, aber eigentlich gar nicht existieren? Immer wieder fragen mich Menschen, wie ich mit meiner Behinderung klarkomme, ob ich nicht Einschränkungen in meinem Job habe oder auch bei anderen Freizeitaktivitäten benachteiligt bin.

Fakt ist, ich habe „nur“ fünf Finger verloren, wobei ich zwei davon wieder ersetzt bekommen habe. Ein guter Deal, wenn man bedenkt, dass die Maschine, in der ich steckte, mich nur ca. 2 Sekunden hineinzog. Hätte schlimmer ausgehen können. Im Krankenhaus waren natürlich die ersten Gedanken bei „Wie viele Finger hat es erwischt“ und „Was war noch zu retten“. Da ich über eine Woche nicht 100% wusste, was alles an meiner rechten Hand verloren war, hielt ich mich mit Witzen und positiver Stimmung über Wasser. Ein einziger Gedanke manifestierte sich aber während dieser Zeit: Hoffentlich kann ich wieder Spiele spielen. Klingt verrückt, aber das war damals einer meiner wenigen Gedanken.

Als ich dann zum ersten Mal erfuhr, was meiner rechten Hand fehlte und sie auch zum ersten Mal zu sehen bekam, wusste ich, dass das zocken ein Problem werden wird. Über die Wochen im Krankenhaus und dann auch zu Hause hatte ich kein Bedürfnis mich mit der Wahrheit und auch den Verlust eines geliebten Hobbys auseinanderzusetzen. Doch als ich wieder mehr zu mir kam und meine Lebensfreude langsam zurückkehrte, begann ich damit über Menschen mit ähnlichen Schicksalen zu lesen und Videos zu schauen. Ich suchte mir Inspiration, versuchte einen Controller zu entwerfen, der es mir erlaubte mit nur einer Hand zu spielen und vieles mehr. Ich sah es nicht ein, dass ein dummer Unfall mir etwas nahm, dass ich gerne in meiner Freizeit machte.

Im Sommer 2011 – ich hatte bereits meinen ersten neuen Finger transplantiert bekommen – stolperte ich über ein Video, in dem ein Mensch mit nur einer Hand und seinem Fuß zockte. Dabei nutzte er eine gewisse Technik beim Sitzen und konnte so ohne Probleme jedes Spiel spielen. Also begann ich damit, diese Technik nachzuahmen und wieder langsam Spiele zu spielen. Mein Ziel war es dabei, wieder Shooter und andere sehr schnellen Spiele spielen zu können. Nach wenigen Monaten konnte ich bereits den Shooter „Battlefield 3“ wieder spielen. Ich war anfangs alles andere als gut und musste mir quasi mein Können von neuem lernen, aber ich gab nicht auf. Jedes Game-Over und jedes verlorene Spiel erinnerten mich daran, was mir widerfahren war und wieso ich als einst sehr guter Gamer, jetzt so schlecht war. Es tat weh und der Weg war alles andere als spaßig. Die Motivation war aber zu groß, um dies einfach aufzugeben und daher machte ich weiter.

Heute kann ich wieder alles ohne Probleme spielen, habe eine hohe Reaktionsgeschwindigkeit und spiele beinahe so, wie ich es vor dem Unfall getan habe. Wieso ich es wert fand über das einen Post zu verfassen? Weil ich glaube, dass jeder einzelne von uns das machen kann, was er möchte. Es gibt keine Grenzen. Grenzen entstehen im Kopf und wenn man sagt: „Das kann ich sowieso nicht.“ Setzt man sich etwas als Ziel und steckt die nötige Zeit und Arbeit hinein, ist alles kein Problem. Es gab viele Dinge, die ich nach meinem Unfall wieder neu lernen musste. Aber Dinge schreiben, Schnürsenkel binden oder Autofahren, sind nötig und es gibt kaum einen Weg herum. Aber das Spielen mit der Xbox war ein Ziel, dass ich mir selbst gesetzt und auch erreicht habe.

Jedes Mal, wenn du glaubst, dass du das nicht kannst oder dir jemand sagt du kannst das nicht, vergiss das ganz schnell wieder. Du setzt deinen Grenzen für dich und damit auch, wieweit du aus deiner Komfort-Zone heraus gehen möchtest. Klar, Veränderung und etwas Neues lernen, benötigt Arbeit und auch Zeit. Aber am Ende zahlt es sich immer aus. Man ist eine Erfahrung reicher und man wächst daran.

Der erste Schritt, um irgendwo hin zu kommen, ist zu entscheiden, nicht dort zu bleiben wo du bist.

Danke für deine Zeit und ich würde mich über Kommentare und Feedback freuen.

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